Der Hahn
Verdammter Hahn. Jede Nacht
hör ich ihn krähn und schmecke
den Rauch des Wachtfeuers
auf der Zunge.
Und höre die pockennarbige Magd,
die mit den Haarzotteln:
Warst du nicht bei ihm? Und höre mich
sagen: Nein.
Und seh bei der Glut die Soldknechte
würfeln. Und sehe die Hände, die
mich befreiten,
gefesselt.
Und spüre den Blick beim Qualm der Fackel,
das blutige Aug, das mich sucht. Und
wende mich ab und sage: Ich
bin´s nicht.
Verdammter Hahn. Jede Nacht
schneide ich ihm den Hals ab. Doch
das Vieh kräht, kräht. Kräht
unterm Messer.
aus:Rudolf Otto Wiemer, Ernstfall. Gedichte
. J. F. Steinkopf Verlag, Stuttgart 1963
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